Kein Erfolg ohne Misserfolg

Osnabrücker Business Coach rät: Fehler als normalen Teil der Arbeitswelt begreifen

Das gesteckte Ziel wurde nicht erreicht. Man ist gescheitert. Das ist eine Situation, die negative Emotionen und Gedanken hervorruft. „Das war ja klar, dass das nicht geklappt hat. Ich bin nicht gut genug.“ So oder so ähnlich können die Gedanken sein. Experten sind sich mittlerweile einig: Genau diese Misserfolge braucht es. Sie bieten Chancen im Leben.

In der modernen Arbeitswelt herrscht oft hoher Leistungsdruck. Fehler sollen um jeden Preis vermieden werden, sie dürfen schlicht nicht vorkommen. Vivien Soppa widerspricht. „Dieses Schwarz-Weiß-Denken dürfen wir hinter uns lassen“, sagt die Psychotherapeutin. Sie ist Business Coach und unterstützt Unternehmen, Start-ups und junge Führungskräfte in Osnabrück.

Soppa ruft dazu auf, die Fehlerkultur zu einem festen Bestandteil der Arbeitswelt zu machen. Denn hinter dem Umgang mit Misserfolgen liege ein großer Schatz, der Persönlichkeiten und Unternehmen erfolgreicher machen könne. „Scheitern bietet Chancen“, unterstreicht die Expertin. „Wenn ich einen Fehler mache, lerne ich und kann es beim nächsten Mal besser machen.“

Beispiele gibt es im Alltag genügend, ob nun im Beruf oder im Privatleben. Das kann eine Autofahrt sein, bei der man aus Unachtsamkeit falsch abbiegt und erst einmal mehrere Kilometer in die falsche Richtung fahren muss, bevor man wieder umdrehen kann. Oder eine neue Aufgabe im Job, die beim ersten Mal einfach nicht gelingt.

Bloß keinen Fehler machen? Dieser Druck führt gerade zu Fehlern

„Den Druck zu nehmen, keine Fehler zu machen, ist wichtig“, meint Vivien Soppa. Denn in einer Arbeitswelt und Gesellschaft, die stark von Qualität und Leistung geprägt ist, kann Druck leicht entstehen. „Bloß keine Fehler machen“, dieser Gedanke schleiche sich schnell ein, und genau das führe zu Unsicherheiten – und letztlich zu Fehlern. Soppa sagt:
„Menschen haben das Bestreben zu lernen und sich zu entwickeln. Das Wachstum liegt in Erfahrungen, die wir machen – auch mit Misserfolgen. Wir brauchen diese, um zu wissen, was uns guttut und was nicht.“

Bei ihren Coachings in Unternehmen schaut sie deshalb genau auf den Umgang mit Fehlern. Dabei geht es vor allem darum, ob offen über Misserfolge gesprochen wird oder ob diese möglichst verschwiegen werden. Die Kommunikation gehört der Expertin zufolge zu den wichtigsten Bausteinen. Führungskräfte, die eine positive Fehlerkultur vorlebten, zeigten Vertrauen und Menschlichkeit. Entscheidend sei, zu eigenen Fehlern zu stehen.

Andere offen an eigenen Fehlern teilhaben lassen

Sogenannte „fuckup nights“ sind ein weiterer klarer Aufruf zum offenen Umgang mit Misserfolgen. Der umgangssprachliche englische Begriff „fuckup“ klingt dabei derber, als er gemeint ist – übersetzen lässt er sich mit „Fehler“ oder „Missgeschick“.

Ursprünglich kommt das Format aus Mexiko. Es ist dort vor gut zehn Jahren entstanden. Mittlerweile hat es sich ausgeweitet und auch in deutschen Großstädten wie Berlin durchgesetzt. Bei den „fuckup nights“, die öffentlich oder innerhalb eines Teams stattfinden können, wird einen Abend lang völlig offen gesprochen – über Fehler und über das Scheitern.

Personen erzählen von einem Misserfolg, die Zuhörer stellen im Anschluss Fragen. Die Fehler liegen also auf dem Präsentierteller, was genau das ist, was viele Menschen eigentlich um jeden Preis vermeiden wollen. Doch das Erzählen und der Austausch haben einen positiven Effekt. Denn wer darüber spricht, trifft auf Gleichgesinnte, fühlt sich nicht mehr allein, und das stärkt das Selbstwertgefühl.

In Osnabrück wird dieses Format zumindest öffentlich bislang noch nicht angeboten. Vivien Soppa aber setzt sich dafür ein, dass sich das bald ändert. „Ich war in Berlin einmal bei einer fuckup night dabei. Es ist ein tolles Konzept, das das Miteinander stärkt“, berichtet sie.
Auch wenn es am Anfang wehtun kann, Misserfolge in das eigene Selbstbild zu integrieren, hat Vivien Soppa hilfreiche Tipps im Umgang mit „fuckups“. Sich mit der Situation auseinanderzusetzen, realistisch und objektiv, ist demnach der erste Ansatz: „Wir neigen dazu, Dinge zu überfrachten und zu katastrophisieren. Wir denken, es ist ganz schlimm. Dabei war es das gar nicht. Mit einer vertrauten Person reden und sie zu fragen, wie sie es gemacht hätte und wie sie die Situation sieht, kann uns helfen.“

Miteinander statt Gegeneinander

Für eine Führungskraft kann es im Übrigen durchaus herausfordernd werden, wenn das gesamte Team Feedback gibt: Zum Umgang miteinander, den Wunsch nach einer offeneren Kommunikation oder auch deutlicheren Zielsetzungen. Wer dabei das Signal erhält, dass er etwas bei sich ändern sollte, den kann das anfangs durchaus verletzen. Aber letztlich trägt es dazu bei, zu wachsen – als Team, aber auch als Person.

Vivien Soppa ist davon überzeugt, dass wir durch Austausch nur profitieren können. Sie ergänzt: „Das bringt uns als Gesellschaft nach vorne – wenn wir wieder ein starkes Miteinander und kein Gegeneinander haben.“

Nach einem Misserfolg heißt es aufzustehen und weiterzumachen, das haben auch schon viele Berühmtheiten vorgelegt. „Biografien zu lesen und reale Vorbilder zu haben, kann unterstützend sein“, rät Soppa deshalb. Viele prominente Persönlichkeiten seinem in ihrem Leben schon gescheitert. Dazu gehören Krankheiten, die sie zurückgeworfen haben, aber auch Misserfolge im Beruf oder Schaffenskrisen.

Für Vivien Soppa ist klar, dass das Konzept „Erfolg durch Misserfolg“ gelingen kann. Sie wird deshalb in den Unternehmen, die sie berät, weiterhin für eine offene Fehlerkultur einstehen und Führungskräfte dabei unterstützen, diese zu stärken. Denn irren ist menschlich. Und jeder macht auch mal einen Fehler.